Peter Linzner im Interview

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Lieber Peter, du kamst vor rund 10 Jahren zur denkstatt und brachtest viel Erfahrung aus anderen Unternehmen mit. Was hat dich zur denkstatt geführt und wie hast du deine Anfangszeit hier erlebt?

Peter: Mein Interesse für Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen war bis zu meinem Einstieg bei der denkstatt eher privater Natur. Dann kam ich an einen Punkt, an dem ich meinem privaten Interesse beruflich nachgehen wollte. Ich hatte dazu aber keine klaren Vorstellungen. Ich denke, kein Mensch wird mit dem Wunsch geboren, in der Nachhaltigkeitsberatung zu arbeiten. In meiner Studienzeit gab es das Thema auch überhaupt nicht. Ich hatte damals eine Laufbahn in der Wirtschaft gewählt und war vor denkstatt in sehr großen Unternehmen, zum Teil mit mehreren Tausend Mitarbeitenden. In dieser Zeit habe ich zwar auch Unternehmen geholfen, ihre Geschäftsprozesse zu optimieren und ihre Wettbewerbsposition zu verbessern. Aber nicht aus der Nachhaltigkeitsperspektive.

Beim ersten Treffen mit Christian Plas haben wir uns unterhalten und es hat einfach gepasst – persönlich und inhaltlich. Er bot mir die ausgeschriebene Position an, die ich gesehen hatte, und so kam ich dann zur denkstatt. Die befand sich zu dem Zeitpunkt in einem Transformationsprozess und war ein kleines Team in Österreich von knapp 30 Personen. Das war für mich eine völlig neue Welt, weil ich die großen Konzernstrukturen gewohnt war. Vom Gefühl her war mein erster Tag ein bisschen so, wie in ein Startup zu kommen. Auch ein kleiner Kulturschock, wenn ich ehrlich bin. Aber das war es vielleicht für alle. Ich kam ja auch aus einer anderen Welt. Jedenfalls habe ich unglaublich viel gelernt und war über die ganzen Jahre auch selbst für viele Projekte verantwortlich. Mein Arbeitsfeld war absolut spannend und das ist es bis heute. Oft denke ich mir: Was kann einem Besseres passieren, als in so einem abwechslungsreichen Umfeld zu arbeiten, gemeinsam mit unseren Kund*innen Impact zu erzeugen und einen so sinnstiftenden Job zu haben, der dann auch noch Spaß macht? Für mich ist das die perfekte Kombination.

Ähnlich wie in deiner Laufbahn ist in all den Jahren auch bei denkstatt viel geschehen. Was war die damalige Ausgangssituation, als du bei der denkstatt begonnen hast und was war deine Rolle?

Rückblickend würde ich sagen, dass es eine eher schwierige Zeit war, die aber jedes Unternehmen hier und da mal durchlebt. Die Nachhaltigkeitsberatung war damals kein einfacher Bereich. Das ist sie auch heute nicht, aber aus anderen Gründen. Die regulatorischen Rahmenbedingungen punkto Nachhaltigkeit steckten im Vergleich zu heute noch in den Kinderschuhen. Dadurch mussten wir in der Beratung mit ganz anderen Voraussetzungen umgehen. So manches Unternehmen mit einem ähnlichen Geschäftsmodell, wie das der denkstatt, gibt es aus diesem Grund heute nicht mehr.

Christian Plas hatte frühzeitig erkannt, dass sich die denkstatt verändern muss und jemanden gesucht, der neue Strukturen in die Organisation reinbringt. Diese Person war ich. Das hieß, dass wir uns Kennzahlen anschauen und Prozesse anders aufsetzen mussten. Wir mussten Funktionen und Befugnisse klären. Wir mussten uns mit Fragen zur Profitabilität auseinandersetzen. Die wirtschaftlichen Grundgesetze gelten für ein intrinsisch motiviertes nachhaltiges Unternehmen ja genauso. Das führte in weiterer Folge zu Veränderungen in der Arbeitsweise, die aber unausweichlich waren. Wir mussten zum Beispiel die Auslastung erheblich steigern und das ist ein Schritt, mit dem man sich nicht unbedingt beliebt macht. Vor allem nicht, wenn man erst seit kurzem im Team ist. Aber diese Herausforderungen haben wir gemeistert und für das Vertrauen und die Mithilfe meiner Kolleginnen und Kollegen bin ich bis heute dankbar.

Das klingt nach einer intensiven Zeit. Was sind denn rückblickend die wichtigsten Learnings, die du und die denkstatt aus dieser Phase mitgenommen haben? Vielleicht auch in Anbetracht der jetzigen Herausforderungen?

Ich denke, wir können zurecht behaupten, dass wir gemeinsam gereift sind. Im Team und im ganzen Unternehmen. Was es auf jeden Fall zeigt: Die Menschen haben diese Veränderung mitgetragen. Allein kann man in solchen Phasen nicht erfolgreich sein – nicht als Geschäftsführer*in, nicht als Manager*in und auch nicht als Mitarbeiter*in. Wir haben die Kompetenz unter Beweis gestellt, für Veränderungen offen zu sein. Das gilt insbesondere für die letzten zwei Jahre, in denen die denkstatt sowohl in Österreich als auch innerhalb der ganzen Gruppe stark gewachsen ist. Auch das ist eine große Veränderung für alle. Und mit Neuem umgehen zu können und Neues zu erlauben – diese Kompetenz sollten wir unbedingt beibehalten. Ich glaube sogar, dass es eine Fähigkeit ist, die Menschen und Unternehmen in der heutigen Zeit unbedingt brauchen. Sich zu verschließen und Standpunkte dogmatisch zu vertreten ist in einer so dynamischen Welt nicht sinnvoll. Ich wage zu behaupten, es kann sogar schädlich sein.

Stattdessen müssen wir mit Trends mitgehen können und in der Lage sein, uns als Menschen, aber auch als Unternehmen flexibel an die Entwicklungen anzupassen. In dem Zusammenhang ist es aber genauso wichtig, dass wir unsere Stärken erkennen und diese pflegen. Dazu gehören zum Beispiel unsere Werte, denen wir uns in der denkstatt verpflichten. Sie sind ein zentraler Pfeiler unserer Identität.

Daran anschließend: Was macht die denkstatt aus deiner Sicht aus?

Da möchte ich eigentlich bei den Werten bleiben. Da sind für mich zwei besonders wichtig: Wertschätzung und Exzellenz.

Wertschätzung bringen wir einander entgegen – innerhalb der Firma und auch gegenüber unseren Kunden. Das kann man sich nicht kaufen. Das kann man nur leben. Das fängt schon damit an, dass wir aufeinander schauen und darauf achtgeben, dass es den anderen im Team gutgeht. Das macht ein gutes Team aus und zeigt sich auch in Richtung Kunde.

Exzellenz heißt, wir wollen das Beste für den Kunden abliefern und diese Motivation sehe ich bei allen in der denkstatt. Ich glaube, einer der wichtigsten Punkte ist in dem Zusammenhang, dass jede*r von uns intrinsisch motiviert ist. Impact ist das, was uns antreibt. Wir alle wissen, wie schwer es ist, diesen zu messen. Diesen heiligen Gral hat noch niemand gefunden. Nichtsdestotrotz eint uns der Wunsch, zum Guten beizutragen und Höchstleistungen zu bringen. Wir stehen für Qualität.

Und in dem Zusammenhangt gibt es eine weitere Eigenschaft, die denkstatt ausmacht: Unser Team ist vielseitig und divers aufgestellt. Deswegen können wir so ziemlich alle Fachgebiete der Nachhaltigkeitsberatung abdecken. Für unsere Mitarbeitende heißt das: Alle können ihre Stärken einbringen. Das ist schon etwas Besonderes. Durch unsere Flexibilität sind wir außerdem in der Lage, unsere Beratungsleistung in einem unglaublich schnellen Tempo an die Entwicklungen da draußen anzupassen. Nehmen wir mal das Beispiel CSRD. Die neuen EU-Standards, die ESRS, haben eine so große Bedeutung für Unternehmen, dass wir unsere Beratungsleistung großflächig adjustieren mussten. Unsere Organisationsstruktur ist so aufgesetzt, dass solche Neuerungen schnell in unsere Beratungsleistung einfließen können.

Durch all diese Aspekte sind wir in der Lage, unseren Impact zu vergrößern, ohne uns zu verbiegen und ich denke, das spüren die Menschen, die mit uns zusammenarbeiten.

Kommen wir nochmals auf die EU-Politik zu sprechen. Unternehmen werden aktuell mit einer Vielzahl an Neuerungen konfrontiert, Stichwort CSRD und EU-Taxonomie. Was glaubst du, dürfen wir uns dahingehend von der Zukunft erwarten?

Ich glaube, hier ist eines ganz zentral: Die Direktiven und Gesetze sind da und gehen nicht mehr weg. Das ganze Nachhaltigkeitsthema ist ein Megatrend und dieser wird durch die EU-Regulatorik angekurbelt, aber nicht nur, und das ist der springende Punkt. Schauen wir mal hinüber zu den USA und zum Inflation Act. Dann verstehen wir schnell, dass die ganze Entwicklung nicht nur auf Europa begrenzt ist und weltweit sehr viel in Richtung Nachhaltigkeit geschieht. Hier sind die Regularien zum Teil sogar noch schärfer.

Insgesamt glaube ich aber, wenn wir mal die globale Perspektive einnehmen und uns das politische Stimmungsbild und Wahlverhalten in diversen Ländern anschauen, müssen wir in den nächsten Jahren von einer Verlangsamung ausgehen. In vielen Teilen der Welt können wir eine Entwicklung feststellen, die für Nachhaltigkeit nicht unbedingt förderlich ist. Viele politische Entscheidungen, zum Beispiel zum Umgang mit Atomstrom oder mit Kohlekraftwerken, sind ja auch in der EU auf politischen Willen zurückzuführen und keine Entscheidung auf Basis eines wissenschaftlichen Faktums. Aufgrund dieser ganzen Entwicklungen denke ich, dass in naher Zukunft so manches Nachhaltigkeitsthema weniger verfolgt oder sogar in Frage gestellt wird. Das, was wir bei denkstatt unter science-based verstehen, wird dadurch aufgeweicht werden. Diese Tendenz verlangsamt in Summe die nachhaltige Entwicklung. Aber den globalen Megatrend Nachhaltigkeit vermag sie nicht aufzuhalten. Davon bin ich überzeugt.

Was in dem Zusammenhang vielleicht wichtig ist: Wir bei denkstatt versuchen ja mit unserem täglichen Tun einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Tipping Points, die Kipppunkte der Erde, nicht überschritten werden. Zeit ist hier ein entscheidender Faktor, das liegt aber nicht in unserer Hand. Das müssen wir ein Stück weit aushalten. Gleichzeitig dürfen wir nicht aufhören, daran zu glauben, dass wir das schaffen können. Dafür ist die innere Haltung wichtig. Bei mir ist das Glas immer halbvoll. Das ist sicherlich eine persönliche Eigenschaft, aber wenn man seinen Job grundsätzlich gerne macht und von einem positiven Umfeld umgeben ist, erleichtert das einiges. Wir sind in der gesamten denkstatt Gruppe ein unglaublich nettes Team. Wir haben tolle Mitarbeitende und wenn man bei uns die Flure betritt, wird man gleich von der positiven Grundstimmung eingenommen. Das macht es leichter, die Motivation hochzuhalten.

Welche Rolle spielt für dich Erfolg? Persönlich und vielleicht insbesondere, wenn du an denkstatt und Nachhaltigkeit denkst? 

Persönliche Erfolge müssen nicht unbedingt etwas mit der Firma zu tun haben. Aber wenn ich an denkstatt denke, ist es für mich ein Erfolg, wenn ich sehe, wie sich die Leute entwickeln und sich alles zusammenfügt. Natürlich gibt es auch die finanzielle Thematik. Die denkstatt hat sich gut entwickelt. Daran waren natürlich viele beteiligt. Mit dem Wachstum haben wir es geschafft, die unterschiedlichen Herausforderungen anzunehmen, ohne unsere Identität und den Spaß an der Sache zu verlieren. Wir haben seit vielen Jahren eine sehr breite Kundenbasis, die wir begleiten dürfen. Auch das ist für mich Erfolg.

Ein weiterer Erfolg: Betrachten wir die Mitarbeitenden, die vor zwei oder drei Jahren begonnen haben und bei denen man die persönliche Entwicklung sieht, wie sie agieren, mit welcher Freude und Engagement sie an die neuen Themen rangehen und unsere Kunden unterstützen – da muss ich sagen, dass das für mich schon auch ein Erfolg ist. Denn das heißt, wir haben die richtigen Schritte gesetzt. Das ist unser Job im Management. Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, dass unsere Leute sich bestmöglich weiterentwickeln und diese Entwicklung in Richtung Kunden transportieren können, um einen noch größeren Impact zu erzeugen. Und Spaß ist auch hier eine wichtige Komponente.

Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Wo steht die denkstatt in 30 Jahren?

30 Jahre ist eine lange Zeit. Aber so grob gesagt: Unsere Arbeitsweisen werden sich weiterentwickelt und verändert haben. Dasselbe gilt für das Arbeitsumfeld. Unseren Grundspirit werden wir nach wie vor haben, davon bin ich überzeugt. Die denkstatt Gruppe wird ihren Teil zur Verbesserung der Lebensbedingungen beigetragen haben und sich dem weiterhin verpflichten. An dieser Mission wird sich nichts ändern.

Vielen Dank für das Interview.

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